Gleichheit ist nicht antisemitisch

10.01.2021

Categories: Angriffe gegen BDS, Antisemitismus, Internationales Recht

In der deutschen «Zeit» ist ein Gastbeitrag des israelischen Philosophen Omri Boehm erschienen, der den Anspruch Israels, ein jüdischer Staat zu sein, hinterfragt. Den Anlass für seinen Beitrag bietet die Stellungnahme von Kulturschaffenden gegen den Anti-BDS-Beschluss des Deutschen Bundestages und die ihm zugrunde liegende Definition von Antisemitismus.

«GG 5.3 Weltoffenheit» heißt eine Initiative zahlreicher Kultur- und Wissenschaftsinstitute. Sie beklagen eine Verengung der Diskurse durch die Bundestagsresolution, die den BDS, also die Boykottbewegung gegen Israel, als antisemitisch einstuft und jegliche Förderung durch staatliche Mittel untersagt.»

«Die Diskussionen um die Initiative GG 5.3. Weltoffenheit bleiben unverständlich, wenn man nicht ein Thema offen anspricht, das ihre Verfasser lieber ausgespart haben. Es betrifft [… nicht] die BDS-Bewegung, sondern eine grundsätzlichere Frage: Ist es antisemitisch, Israels Existenzrecht als jüdischer Staat zu bestreiten?»

«Israel kann nicht das Recht haben, Nichtjuden als Bürger zweiter Klasse zu behandeln, geschweige denn jüdisch zu bleiben, wenn sich seine Bevölkerung zur Hälfte aus Palästinensern zusammensetzt. Diese Aussagen stellen Israels Existenzrecht als jüdischen Staat infrage, sie messen nicht mit zweierlei Maß. Sie sind nicht antisemitisch, auch wenn der Bundestag das Gegenteil behauptet – aus dem einfachen Grund, dass es nicht antisemitisch sein kann, auf der schieren Gleichheit von Juden und Palästinensern zu bestehen. Der Bundestag muss dringend zu einer Definition von Antisemitismus zurückkehren, die nicht auf dem Ausschluss einer ganzen Bevölkerung beruht

«Das Bemühen um eine Delegitimierung und Zurückdrängung des Antisemitismus ist zum Scheitern verurteilt, wenn es an der Annahme festhält, nationale und individuelle Gleichheit seien antisemitisch. Wir müssen die Diskussion vielmehr zwingend für Ideen öffnen, die über das derzeitige Spektrum … hinausgehen. In einem liberalen Staat öffnet und erweitert sich dieses Spektrum in den unbequemen Denkprozessen, die im freien Zusammenspiel von Künstlerinnen, Philosophinnen, Sozialwissenschaftlerinnen, Historikerinnen und Journalistinnen stattfinden. Und dieses Zusammenspiel ist bereits in vollem Gange: Nachdem schon lange klar war, dass es keinen Palästinenserstaat geben wird, findet weltweit eine hitzige Debatte über die Frage der Selbstbestimmung jenseits des Nationalstaats statt. … Der Staat kann diese legitime, notwendige Diskussion nicht zensieren. Aber er kann sie behindern. Dadurch, dass er ihre Teilnehmer offiziell als antisemitisch bezeichnet, tut er das massiv.»

Quelle: Zeit Online – Gleichheit ist nicht antisemitisch

 
Siehe auch: 
Initiative GG 5.3. Weltoffenheit
Statement 1400+ Künstler*innen: Wir können nur ändern, was wir konfrontieren.

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