Französische BDS-Aktivist_innen gelangen an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte
Categories: Angriffe gegen BDS, BDS-Argumente
Medienmitteilung des Collectif Palestine 68 vom 18, März 2016
Am 26. September 2009 und am 22. Mai 2010 nahmen zwölf Aktivist_innen des Collectif Palestine 68 an einem Protest in einem Carrefour-Supermarkt im französischen Illzach, in der Nähe von Mulhouse teil. Sie trugen T-Shirts mit der Aufschrift „Palestine Vivra, Boycott Israël“, füllten Einkaufswagen mit israelischen Produkten, skandierten Parolen gegen die israelische Politik und verteilten Flugblätter, in denen sie zum Boykott israelischer Produkte aufforderten. Sie beleidigten oder verletzen niemanden und es kam zu keinerlei Gewalt oder Sachbeschädigungen.
Diese Aktion fand im Rahmen der gewaltlosen internationalen BDS-Kampagne statt, die im Juli 2005 ins Leben gerufen wurde und vom gewaltlosen politischen Kampf der 70er Jahre gegen die Apartheid in Südafrika inspiriert ist. Sie war nicht gegen „Personen oder Gruppen aufgrund ihrer Herkunft oder jüdischen Religion“ gerichtet sondern gegen die „Kolonialpolitik der israelischen Besatzung und ihre Anhänger“. Gefordert wurde die Achtung des Völkerrechts durch Israel einschliesslich eines Stopps des Siedlungsbaus.
Gestützt auf ein ministerielles Rundschreiben von 2010, das die Aufforderungen zu einem Boykott von israelischen Produkten zum Thema hat, wurden die Aktivist_innen wegen Diskriminierung sowie Anstiftung zu Hass und Gewalt gegen eine Gruppe von Personen aufgrund ihrer nationalen Herkunft angeklagt. Frankreich ist folglich nun (nebst Israel selber seit 2011) weltweit das einzige Land, in dem ein Boykott israelischer Produkte und die damit verbundene Kritik an der Politik des Staates Israel strafbar ist.
Am 20. Oktober 2015 lehnte das französische Kassationsgericht die Beschwerde gegen zwei Entscheide des Berufungsgerichts Colmar ab, mit denen die Aktivist_innen des Collectif Palestine 68 zu einer bedingten Busse von 24'000 € sowie einer Schadenersatzzahlung und Rechtskosten von 28'000 € verurteilt wurden.
Am 18. März haben die Verurteilten nun beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte dagegen Rekurs eingelegt. Sie machen dabei insbesondere ihr Recht auf Meinungsfreiheit (Artikel 10 EMRK) geltend.
Die Kläger_innen am Europäischen Gerichtshof sind gewöhnliche Bürger_innen ohne besondere politische Machtbefugnisse oder Stellung. Sie sind der Ansicht, dass die französischen Behörden ihre Meinungsfreiheit verletzen und damit die öffentliche Debatte über die Politik des Staates Israel und seine schwerwiegenden Völker- und Menschenrechtsverletzungen unterbinden.
Sie fügen an, dass ihre Aktion sei gegen die Einfuhr von Waren aus Israel und nicht gegen israelische Bürger_innen gerichtet war. Die Bestimmungen zum Schutz vor Diskriminierung gelten in diesem Fall nicht und die offensichtlich sehr weite Auslegung des Strafrechts zielt nur darauf ab, Aktivist_innen einzuschüchtern, die es wagen, die israelische Regierung zu kritisieren und zu verlangen, dass sie zur Rechenschaft gezogen wird.
Lesen Sie hier die Medienmitteilung auf Französisch.
Übersetzung: BDS Schweiz