Museum in Wien sagt Palästina-Veranstaltung mit führendem Aktivisten des südafrikanischen Anti-Apartheidskampfes ab
Categories: BDS-Argumente, IAW
Das Volkskundemuseum in Wien hat eine Veranstaltung abgesagt, bei der Ronnie Kasrils, ehemaliger Minister in der südafrikanischen Regierung, auftreten sollte. Thema des Anlasses hätten die palästinensischen Rechte sein sollen (Video von Ronnie Kasrils). Kasrils ist ein bekannter südafrikanischer Anti-Apartheidaktivist jüdischer Abstammung, dessen Rede für die Veranstaltung am 29. März im Rahmen der jährlichen israelischen Apartheidwoche (IAW) geplant war. Menschenrechtsverteidiger*innen verurteilen die Annullierung scharf und fordern, dass die Entscheidung rückgängig gemacht wird.
Das Museum hat dem Druck der israelischen Lobby in Österreich nachgegeben. Die Absage ist Teil der Repressionskampagne gegen die friedliche Bewegung für Boykott, Desinvestition und Sanktionen (BDS) für die palästinensischen Rechte. Zwei weitere IAW-Veranstaltungen, die diese Woche in Frankreich geplant waren, wurden ebenfalls abgesagt.
Mehr als 80 IAW-Veranstaltungen finden bisher in 40 Städten in Europa, Nordamerika und Palästina statt. Da sich weitere Veranstaltungen in Asien, Afrika und Lateinamerika in Planung befinden, wird die IAW in diesem Jahr voraussichtlich in mehr als 200 Städten weltweit stattfinden.
Aktivist*innen von BDS Austria, welche die Veranstaltung organisiert haben, wurden darüber informiert, dass der Grund für die Absage durch das Museum ein Beschluss des Wiener Stadtrats vom Juni 2018 ist, der jegliche Kooperation mit der BDS-Bewegung untersagt. Solche Massnahmen gegen BDS, die auf lokaler und nationaler Ebene in Europa auf Anregung der israelischen Rechtsaussen-Regierung ergriffen werden, zielen darauf ab, die Meinungsfreiheit und die Debatte über die palästinensischen Rechte zu unterdrücken.
Ronnie Kasrils sagte:
Ich verurteile die Absage des öffentlichen Treffens, bei dem ich im Rahmen der Israeli Apartheid Week sprechen sollte, durch das Wiener Museum. Heute vor genau 59 Jahren fand das Massaker von Sharpeville statt. Nach dem Massaker war es meine Pflicht, mich für die Menschenrechte in meinem Land einzusetzen und in die Fußstapfen von Chief Albert Luthuli und Nelson Mandela zu treten. Nach dieser Entscheidung wurde mir von der südafrikanischen Apartheidregierung die Teilnahme an jeglichen Treffen untersagt. Alles, was ich sagte, unterlag der Zensur. Es ist eine Schande, dass trotz der Lehren aus unserem Kampf gegen Apartheid und Rassismus eine solche Intoleranz bis heute weiterbesteht und die Meinungs- und Vereinigungsfreiheit unterdrückt wird.
Das Wiener Museum sollte die Israeli Apartheid Week und die Diskussion über die antirassistische Boykott-, Desinvestition- und Sanktionsbewegung begrüssen, die sich für Freiheit, Gerechtigkeit und Gleichheit für Palästinenser*innen einsetzt. BDS ist eine friedliche Massnahme, um Druck auf die israelische Regierung auszuüben und sie zur Einhaltung von unzähligen Resolutionen der Vereinten Nationen zu bewegen. Genau diese Art von Druck führte zum Ende der Apartheid in Südafrika.
Ein Sprecher der veranstaltenden Organisation BDS Austria sagte:
Wir sind weder überrascht, dass der Wiener Stadtrat uns mit Repression begegnet, noch, dass er seine Beziehungen zum israelischen Apartheid-Regime ausbaut. Er bringt eine demokratische Debatte zum Schweigen und kriminalisieren alle Menschenrechtsgruppen – auch jüdische – die sich solidarisch mit den Palästinenser*innen zeigen. Bereits der palästinensische Akademiker Edward Said, der kurz vor seinem Tod nach Wien eingeladen war, wurde aufgrund des Drucks der israelischen Lobby wieder ausgeladen. Wir werden uns davon nicht einschüchtern lassen. Wir erinnern an Edward Saids Worte: «Es ist eine gerechte Sache, eine edle Idee, ein moralisches Streben nach Gleichheit und Menschenrechten.»
Chief Mandla Mandela, ANC-Abgeordneter und Enkel von Nelson Mandela, sagte:
Die Wahrheit kann nicht zum Schweigen gebracht werden! Wir bedauern den Raumentzug für die geplante Israeli Apartheid Week in einem Museum in Wien, Österreich. Dieselbe Art der Zensur wurde vom südafrikanischen Apartheidregime eingesetzt, und als Südafrikaner*innen verurteilen wir diesen Akt der Unterdrückung. Wir werden uns gegen von Rassismus und Apartheid wenden, wo auch immer sie auftreten. Wir werden weiterhin die palästinensische Flagge hissen und notfalls auf der Strasse gegen die israelische Apartheid, Aggression und Besatzung das Wort ergreifen, wenn uns die Veranstaltungsorte verweigert werden. Wir lassen uns nicht zum Schweigen bringen. Ich fordere Aktivist*innen auf der ganzen Welt auf, sich inspirieren zu lassen und den Kampf fortzusetzen, bis wir die ungerechte Besetzung beendet haben und Palästina frei ist.
Die deutsche Organisation Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost, die kürzlich einen Friedenspreis in Deutschland verliehen bekam, sagte:
Als jüdische Organisation verfolgen wir mit Sorge die weltweiten Versuche, Stimmen zu kriminalisieren, welche die palästinensischen Rechte verteidigen. Dieser Druck ist im deutschsprachigen Raum noch grösser, wo wachsende Allianzen mit dem israelischen Staat und die Übernahme des Diskurs der israelischen Regierung alle Stimmen – inklusive jüdische – untergräbt, die es wagen, die rassistische Politik Israels zu kritisieren. Wir haben einen Brief an den Museumsdirektor geschickt, als wir erfuhren, dass der Veranstaltung eine Absage droht. Wir sind entsetzt über diese Ankündigung und fordern erneut, dass die Veranstaltung stattfinden kann.
Nur zwei Tage vor einer geplanten IAW-Veranstaltung am 20. März, informierte die Universität Sciences Po in Paris die organisierenden Student*innen per E-Mail über das Verbot ihrer Veranstaltung. L'Intersection, die antirassistische Gruppe, die die Veranstaltung mit der palästinensischen Sprecherin Rania Madi organisiert, verurteilte dieses Verbot ebenso wie Rania Madi. Eine für den 22. März geplante IAW-Veranstaltung in Montpellier, Frankreich, musste ebenfalls abgesagt werden.
Originalartikel vom 21. März 2019 auf bdsmovement.net