Newsletter BDS Schweiz - End Israeli Apartheid
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Der Staat Israel tritt die Rechte der Palästinenser*innen seit mehr als 70 Jahren tagtäglich mit Füssen, aber heute kann er dies nicht mehr völlig ungestraft tun. Israels Image eines respektablen Staates beginnt allmählich zu bröckeln und die Stimmen derer, die sich für Freiheit, Gerechtigkeit und Gleichheit einsetzen, werden immer zahlreicher. Nach Jahren des Schweigens ist in letzter Zeit ein echtes kollektives Bewusstsein für die palästinensische Frage entstanden. Der Gedanke, dass der Staat Israel ein Apartheidregime praktiziert, kann nicht länger ignoriert werden.
Am 3. März erklärte der Internationale Strafgerichtshof, dass er eine Untersuchung über mutmassliche Verbrechen im besetzten palästinensischen Gebiet eingeleitet hat.
Am 27. April 2021 veröffentlichte die Nichtregierungsorganisation Human Rights Watch einen Bericht, in dem der Begriff «Apartheid» für die Politik Israels gegenüber den Palästinenser*innen verwendet wird. Der Bericht fordert den Internationalen Strafgerichtshof auf, Israels «systematische Diskriminierung» von Palästinenser*innen zu untersuchen. Er stellt fest, dass Israel eine umfassende Politik der «Aufrechterhaltung der Dominanz jüdischer Israelis über Palästinenser*innen» verfolgt und fordert Sanktionen.
Am selben Tag verabschiedete der Menschenrechtsrat eine Resolution, um «die Achtung der internationalen Menschenrechte und des humanitären Völkerrechts in den besetzten palästinensischen Gebieten, einschliesslich Ostjerusalem, und in Israel sicherzustellen».
Die jüngsten Ereignisse in Ostjerusalem, wo palästinensischen Familien im Viertel Sheikh Jarrah mit Vertreibung gedroht wird, die Menschenjagden mit Rufen wie «Tod den Arabern» durch rechtsextreme Gruppen und die israelischen Provokationen bei der Al-Aqsa-Moschee sind ein Beweis dafür, dass die Nakba weitergeht und das Völkerrecht weiterhin missachtet wird.
Israels jüngste tödliche Angriffe und seine brutale Gewalt gegen die Bewohner*innen des Gazastreifens, die seit 13 Jahren illegal abgeriegelt sind, haben endlich dazu geführt, das israelische Narrativ vom Recht auf «Selbstverteidigung» zu untergraben, das aufgrund der Unverhältnismässigkeit und Asymmetrie der Situation für die Mehrheit in der Welt absurd geworden ist. Dies hat international, aber auch im Westjordanland und zum ersten Mal innerhalb Israels selbst zu beeindruckenden Solidaritätsaktionen geführt.
Feministische, antirassistische und dekoloniale soziale Bewegungen spielten eine wichtige Rolle bei dieser Verschiebung und Veränderung des Narrativs. Unterdrückte Gemeinschaften auf der ganzen Welt sehen die internationale Komplizenschaft bei der Aufrechterhaltung des systematischen Unrechts des israelischen Regimes als Untergrabung der Legitimität der auf Recht basierenden internationalen Ordnung, was wiederum ihre eigenen Kämpfe für Gerechtigkeit untergräbt. Dies hat zu einer dramatischen Verschiebung im Verständnis des israelischen Unterdrückungsregimes gegen die Palästinenser*innen geführt. Mittlerweile wird verstanden, dass dieses Regime Apartheid praktiziert, also ein Verbrechen gegen die Menschheit nach Völkerrecht, und dass gezielte und legale Sanktionen gerechtfertigt und notwendig sind, um Israels Verletzungen der palästinensischen Rechte und des Völkerrechts zu beenden. Die Black-Lives-Matter-Bewegung hat entscheidend zu dieser globalen Wahrnehmungsverschiebung beigetragen. Progressive jüdische Organisationen haben bei diesem allgemeinen Wandel der öffentlichen Meinung, insbesondere in den USA, ebenfalls eine wichtige Rolle gespielt, indem sie falsche Anschuldigungen des Antisemitismus, die von Israel und seinen Lobbyist*innen erhoben werden, um Kritik an Israel zum Schweigen zu bringen, entkräften und damit die Forderung nach Sanktionen legitimieren.
«Ungerechtigkeit an irgendeinem Ort bedroht die Gerechtigkeit an jedem anderen Ort.» Martin Luther King
Solidarität fördern und Komplizenschaft beenden
Dieser neue Aufschwung der Solidarität hat sich in institutionellen, gewerkschaftlichen, kulturellen, akademischen und zivilgesellschaftlichen Initiativen zugunsten der Rechte der Palästinenser*innen niedergeschlagen. Die jüngsten Ereignisse in Palästina/Israel haben eine grosse Zahl von Menschen mobilisiert, wie in London am 22. Mai, wo mehr als 200.000 Menschen in Solidarität mit dem palästinensischen Volk auf die Strasse gingen. In den letzten Wochen gab es eine Vielzahl an Solidaritätsinitiativen auf internationaler Ebene.
Mitte Mai berichteten die Basisgewerkschaft Unione sindicale di base (USB) und das CALP (Autonomes Kollektiv der Hafenarbeiter), dass die Arbeiter des italienischen Hafens von Livorno sich geweigert hätten, eine für Israel bestimmte Waffenladung zu verladen, und erklärten: "Der Hafen von Livorno wird sich nicht am Massaker am palästinensischen Volk beteiligen." Dieser Aktion folgten eine Woche später Hafenarbeiter im Hafen von Ravenna, die damit drohten, den Betrieb des Hafens zu blockieren. Sie warnten, sie würden keine Waffen auf Schiffe verladen, die nach Israel fahren.
Am 20. Mai gab die Norges-Bank bekannt, dass Norwegens Staatsfonds, der grösste der Welt, zwei israelische Gruppen ausgeschlossen hat, die am völkerrechtswidrigen Ausbau israelischer Siedlungen im Westjordanland beteiligt sind. Sie ist der Ansicht, die Beteiligung an diesen Unternehmen ein «inakzeptables Risiko» darstellt, dass damit zu «schweren Menschenrechtsverletzungen in einer Kriegs- oder Konfliktsituation» beigetragen wird.
Ende Mai erklärte das irische Parlament, dass «Israels Handlungen auf eine de facto illegale Annexion dieses Gebietes hinauslaufen», und fordert die Regierung auf, eine Situation, die durch eine solch schwerwiegende Verletzung des internationalen Rechts geschaffen wurde, nicht als rechtmässig anzuerkennen.
In Oakland, Kalifornien, verhinderte die Kampagne #BlocktheBoat des Arab Resource & Organizing Center (AROC) erfolgreich das Andocken von Schiffen der israelischen Reederei ZIM. Tausende von Menschen folgten dem Aufruf zur Aktion am Hafen von Oakland in Solidarität mit Palästina und der internationalen BDS-Bewegung.
Angela Davis, eine bekannte Figur der US-amerikanischen Bürgerrechtsbewegung, sowie Künstler*innen, Kritiker*innen und Schriftsteller*innen wie Ariella Aïcha Azoulay, Michael Rakowitz, das Forensic Architecture Collective und Claire Bishop sowie 250 Persönlichkeiten aus der Kunstwelt, viele von ihnen jüdisch, unterzeichneten einen offenen Brief, in dem sie «die Verbindungen zwischen Israels anhaltender Gewalt gegen das palästinensische Volk und einer wichtigen Institution des Kunstsystems, dem Museum of Modern Art» anprangerten.
Auch eine noch nie dagewesene Anzahl von Universitätsfakultäten und Akademiker*innen fordern neuerdings ein Ende der israelischen Apartheid. Erklärungen zur Unterstützung der palästinensischen Rechte, oft unter Befürwortung von BDS, wurden von mehr als 300 akademischen Departementen, Programmen, Zentren, Gewerkschaften und Gesellschaften gebilligt. Dabei wurden 15.000 Unterschriften von Akademiker*innen, Forscher*innen, Studierenden und Universitätspersonal auf der ganzen Welt gesammelt.
BDS ist inzwischen zu einer wichtigen Form des palästinensischen Widerstands von unten und zur effektivsten Form der internationalen Solidarität mit dem Kampf der Palästinenser*innen geworden. Die Generation unserer Eltern und Grosseltern hat die südafrikanische Apartheid erfolgreich bekämpft, jetzt ist es an uns, gemeinsam die Verantwortung für den Sturz der israelischen Apartheid zu übernehmen. Unsere Solidarität basiert auf einer ethischen Haltung gegenüber den Unterdrückten, aber auch auf der Einsicht, dass Ungerechtigkeit und Unterdrückung anderswo, die von Schweizer Unternehmen und Institutionen unterstützt werden, mit unserer eigenen Herrschaft zusammenhängt. Wir leben in einem historischen Moment: Beenden wir gemeinsam Ungerechtigkeit und Unterdrückung.
«Wer in einer Situation der Ungerechtigkeit neutral ist, hat sich auf die Seite des Unterdrückers gestellt.» Desmond Tutu